Der Weg des Bürokraten (Teil2)


Wenn man in Situationen gelangt in denen man nicht weiter weiß, dann ist es stets ein guter Lösungsansatz wenn man jemanden fragt der sich zu dem Thema auskennt. Also fragte er zunächst seine Chefin woher er einen Mülleimer bekommen könnte. Sie sah ihn fragend an. So, als wolle sie ihn überprüfen ob er sie auf den Arm nehmen wolle oder es ernst meinte. Dann antwortete sie nur kurz und knapp das Mülleimer im Lager erhältlich sein könnten. Auf die Frage wo sich dieses Lager befinden könnte zuckte sie nur die Schultern und verschwand in ihrem Büro.

Verwundert ging er zurück in sein Büro. Der kleine Briefumschlag in der Ecke seines Monitors zeigt ihm an das eine neue Email eingetroffen war. Er öffnete sie und begann zu lesen. Die Email kam von einem der Betreuer des Umzuges. In ihr begrüßte er alle umgezognen Kollegen und gab ihnen den Hinweis mit auf den Weg beim Fehlen von Bürogegenständen sich vertrauensvoll an ihn zu wenden. Dann würde er sich darum kümmern, dass die Sachen umgehend besorgt würden. „Fein, Fein!“, dachte er sich und schrieb eine kurze Mail an ihn. Seinen Papierkorb würde er bald haben.

Es vergingen 2 Tage bis die Antwort eintrudelte. In ihr bedauerte der Betreuer dass es ihm nicht möglich sei, ihm einen Papierkorb zu besorgen da diese unter Büromaterialien aber nicht unter Bürogegenstände fallen würden. Ein Schrank ja, ein Stuhl auch ja, sogar einen Tisch wenn er gebraucht wird, aber Papierkörbe? Nein! So riet der Betreuer ihm sich an die Büromaterialausgabestelle zu wenden. Es verwunderte ihm ein wenig dass dem Anschein nach eine Trennung von Büromaterialien und Bürogegenständen existierte. War ein Papierkorb denn nicht auch ein Gegenstand? Er las die Mail noch mal durch: In ihr stand nichts drin darüber wo sich die ominöse Büromaterialausgabestelle befinden konnte. Also schreib er erneut eine Mail an den Betreuer und fragte ihn danach.

Wieder vergingen 2 Tage bis er eine Antwort bekam: Die Büromaterialausgabestelle befinde sich in Mainz, er solle dort einen Papierkorb beantragen. Eine Telefonnummer oder Email könnte der Betreuer leider nicht mitgeben da sie ihm selbst völlig unbekannt seien, aber das müsste ja in Mainz herauszufinden sein.
Hatte er richtig gelesen? Für einen Papierkorb in Bonn musste er im gut 170 km entfernten Mainz einen Antrag stellen? War das nicht völlig unsinnig? Und dann zuvor noch herausfinden bei wem der Antrag gestellt wird? Kam der Mülleimer dann aus Mainz oder wurde dafür in Bonn jemanden bescheid gesagt der den Mülleimer dann freigab? Verwirrt gab er sich zu Toilette.

Auf dem Weg dorthin kam er an einer Gruppe derer vorbei die es getan hatten. Einige sahen ihn an, lächelten dann ganz kurz und nickten ihm kurz zu. Was war passiert? Wieso wurde er nicht mit der gleichen Ignoranz wie sonst beachtet? Er betrat die Toilette und lies dort etwas Wasser über sein Gesicht laufen. Er fühlte sich ermattet und der Kopf tat ihm weh. Ein Zustand den er nicht ganz nachvollziehen konnte. Als er in den Spiegel sah erschrak er. Irgendetwas sah anders aus als sonst. Es waren seine Augen: sie hatten an Glanz verloren und wirkten matt, ähnlich wie die der Gruppe derer die es getan hatten. Da verstand er was beide Gruppen unterschied: Der Weg in die Eingeweide der Bürokratie durch Stellen eines Antrages oder dem Folgen eines vorgeschriebenen Ablaufes. Einige beschritten diesen Weg, wurden auf diese Weise in gewisser Hinsicht bewundert und andere vermieden sie und blieben so unscheinbar wie eine Wand. Die, die den Weg der Bürokratie beschritten wurden ständig mit seinen Unsinnigkeiten, Gesetzen, Irrungen und Wirrungen konfrontiert. Sie waren so etwas wie Krieger im Kampf gegen die Hydra der Bürokratie. Deswegen nickte man sich anerkennend zu wenn man einen „Kameraden“ bzw. Leidensgenossen traf.

Er ging zurück in sein Büro und sah aus dem Fenster. Nein, die andere Seite war keineswegs das was er sich erhofft hatte und er war nicht gewillt den Weg eines Bürokratenkriegers zu gehen. Er löschte die Emails vom Betreuer und verlies für eine halbe Stunde sein Büro um sich in der Stadt in einem Laden einen eigenen Mülleimer zu kaufen. Auf manchen Wegen, so dachte er, liegt so viel Unkraut das der Weg an sich nicht mehr zu sehen ist.

  1. #1 von Huhn am 19. März 2007 - 22:09

    Lieber ein paar Euro für einen Mülleimer als einen Kaiser mit glanzlosen Augen!

(wird nicht veröffentlicht)