die Sitze in der ersten Reihe


Was wurde nicht darüber berichtet als MRR (Marcel Reich-Ranicki) seine Wutrede über die bestehende Fernsehlandschaft hielt und dabei den Preis für sein Lebenswerk bei der Fernsehgala ablehnte. Viele stimmten ihm zu, bemängelten wie er eine zu homogene Fernsehlandschaft mit zu wenig Niveau und zu viel amerikanischen Einfluss.

Gerne reihte ich mich ein in das Klagelied eines Literaturkritikers und zeigte mit dem virtuellen Finger auf Sendungen der Kategorie Talentshow, Wohnortsanierung, Gerichtssendungen, Realityshows, Talkshows und Morgenmagazine. Von mir aus auch auf die ständigen Werbeunterbrechungen, die einen Film mit zahlreiche kleine Pipipäuschen versehen und Serien die ich angeblich alle sehen muss weil sie ja so was besonderes seien oder mein Leben erst lebenswert machten.

Doch wenn ich so darüber nachdenke, dann kann ich diese Kritik nicht so einfach weiterführen wie es noch in den beiden Absätzen zuvor geklungen haben mag. Zum einen finde ich gut, das jemand das Thema der homogenen Fernsehlandschaften anschneidet doch warum ausgerechnet MRR? Klar, er war mit dem literarischen Quartett im Fernsehen vertreten aber kann er dadurch das Fernsehen wirklich kritisieren? Meine Meinung nach nein, weil er generell nicht unbedingt für das Fernsehen steht und zum anderen sich selber als nicht Zuschauer outet. Er ist keine Identifikationsfigur für Film und Fernseh als vielmehr eine für gehobenen Buchgenuss.

Kritik hätte es meines Erachtens nach nur von zwei Seiten aus geben können: Der Seite die das Fernsehen repräsentieren oder produzieren, also von innen oder aber denen die es entsprechend vielfältig konsumieren oder sponsern, also die von außen. Letztendlich also jene, die mit dem Medium weitreichend in Berührung kommen.

Wer schon mal entsprechende Kritik beispielsweise über den eigenen Arbeitgeber geübt hat, weiß, das die friedvollen Tage innerhalb des Unternehmens ein Ende haben, denn auch wenn es alle immer predigen: Kritik hört niemand gerne und ich kann jeden verstehen der lieber schweigt um sich selbst nicht in die Schusslinie zu bringen denn nicht jeder ist für solche Situationen geeignet. Somit ist es sehr schwer etwas von innen heraus zu verändern als von außen.
Diejenigen die damit übrig bleiben sind die Zuschauer und Sponsoren. Nun kann man nicht von Sponsoren verlangen das die ihr Geld in zwar gehobene aber von der Zuschauerzahl eher gemiedene Unterhaltung stecken. Das verbietet alleine schon das Prinzip des Kosten-Leistungs-Nutzens. Bleiben nur noch die Zuschauer.

Ich will gar nicht wissen wie viele brav genickt haben als sie MRR hörten und einen kleinen Lichtschimmer in der öden Fernsehlandschaft sahen oder brav in einer Zeitung ein Statement für MRR tat gaben. Was nahezu alle nicht getan hatten war es, Verantwortung zu übernehmen. Den Fernsehsendern ihre Vorstellung einer Fernsehlandschaft mit Lob und Kritik zu übermitteln. Nein, stattdessen blieb der Ball dort wo er besser nicht geblieben wäre: bei den Sendern selbst. Lediglich das ZDF stellte MRR und Thomas Gottschalk eine Plattform zur Verfügung wo sie einem Gedankenaustausch frönen durften. Die anderen Sender blieben oder hielten sich außen vor. Mit der Sendung hatte man dem Zuschauer und dem Kritiker am Ende genug Schuldigkeit getan. Es gab ein wenig hin ein wenig her. Weder MRR noch Thomas Gottschalk konnten wirklich für eine Richtung überzeugen und so blieb es bei einer Menge von Gedanken ohne fruchtbarem Boden. Die Welle vom Eklat bei der Fernsehgala verebbte damit langsam ohne das sich wirklich was ändern würde. Der Zuschauer resignierte brav, und schaltete am nächsten Tag wieder ein.

Ein stärkeres Einbinden des Publikums wird es auch weiterhin nicht geben und somit bleibt es dabei das der Zuschauer nur über das abstimmt was ihm serviert wird statt sich selber damit einzubringen und somit wieder eine heterogene Fernsehlandschaft zu erstellen wo für nahezu alle etwas dabei ist. Denn solange der Zuschauer nicht fordert, wird auch kein Intendant eine Plattform für einen Austausch mit dem selbigen bereitstellen. So bleibt es dabei das die großen Sechs: ARD, ZDF, RTL, SAT 1, RTL 2 und Pro 7 einem überwiegend identischen Programmmix bieten.

Schade!

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