Meine erste Kinopremiere


Vor einigen Jahren begann ein Trend der auch heute noch zu spüren ist. Die Rede ist von Serien wie Pokémon und Yu Gi Oh. Kinder auf der ganzen Welt kennen diese Serien, sammeln eifrig die dazu gehörigen Sammelkarten um sich so Kartenarmeen (so genannte Decks) zusammen zustellen und gegeneinander anzutreten. Das dabei die Kids gehörig abgezockt werden was Karten und deren Preise angeht kann sich sicherlich jeder denken. Andere Sammelserien die nicht so erfolgreich sind unterem Strich viel preisgünstiger.

Ich bin ja (wenn überhaupt) noch so ein Zeuge der Pokémon Fraktion. Der Yu Gi Oh! Express ging zum Glück weiträumig an mir vorbei. Ich leugne es nicht: Ich war ganz fasziniert von dem was sich mir da vor mir auftat. Von der Serie habe ich auch mal eine Handvoll von Episode gesehen doch das war es dann auch – wenn mich jemand Fragt wie die Viecher alle heißen, dann muss ich schon passen. Eine kleine Handvoll würde ich noch zusammen bekommen aber ansonsten keine Chance. Doch was gut brumnmt, verdient auch ein umfassendes Produktportfolio. Neben Decks gibt es auch Zeitschriften, Figuren, Stofftiere, Klebebildchen und natürlich auch diverse Kinofilme.

Als der erste Streifen in die Kino kam veranstaltete ein in Köln ansässiges Multiplex sogar eine Vorab Premiere dafür und ich war dort Gast. Nun wird sich sicher der ein oder andere die Frage stellen: Hey Herr Kaiser! Wie komme ich denn an die Karten für ein solch einen Hammerevent? Einfach mal im Sau-Sau-Sauladen um die Ecke anfragen. Der sich in der Innenstadt befindliche Mediamarkt hatte zu Beginn der Woche eine Ganzseitige Anzeige im lokalen Boulevardblättchen geschaltet und verkündet am Mittwoch gegen 13:00 zwei Freikarten pro Person zu verteilen. Bei Kindern unter x Jahren (Keine Ahnung mehr welches Alter da angegeben war) musste in Begleitung ihrer Eltern erscheinen. Na da sind wird doch dabei dachte ich mir.

So betrat ich dann zur genannten Uhrzeit den Mediamarkt, eilte die Rolltreppe hinauf und sah mich um: Neben den üblichen Verdächtigen die sich mittags in einem Elektroladen herum trieben hatte sich doch eine stattliche Zahl von Eltern eingetroffen die gelangweilt sich an ein Warenregal lehnte. Die Kinder die sie mitgeschleift hatten tümmelten sich um dem Mitarbeiter der die Karten verteilte. Ich vermutete das der arme Kerl entweder eine Wette verloren oder aber dazu verdonnert wurde die Karten zu verteilen. Jedenfalls sah er nicht sehr glücklich aus. Den Kindern war es jedenfalls egal: 6-12 Jährige schrien durcheinander nach den begehrten Karten. Irgendwie fühlte ich mich an eine Raubtierfütterung erinnert. Der Verkäufer hielt die Karten hoch über den Köpfen der kindlichen Meute die nach den Karten schnappten.

Es kann schon sehr vorteilhaft sein etwas größer als der Rest zu sein, so wird man nicht unbedingt übersehen. Es reichte bei mir nur eine Fingergeste zu machen und schon hatte ich meine Karten. Ein Aufschrei ging durch die Kindermeute und nicht wenige sahen mir grimmig hinterher. Der andere teil sah das als Ansporn an seine Anstrengungen zu verdoppeln: Sie schrien lauter, sprangen höher, stießen mehr um sich und brachten den Verkäufer immer mehr zum wanken. An der Rolltreppe zeichnete sich eine neue Welle von Kindern ab die zielstrebig auf ihn zuschoss. Der Verkäufer seufzte deutlich hörbar und ergab sich dann seinem Schicksal. Ich drehte mich nicht mehr um, aber den lauten Reaktionen einzelner Eltern mussten die Kinder den Verkäufer überrannt und begraben haben. Ich habe ihn jedenfalls seit diesem Tag nie wieder dort arbeiten gesehen.

Premieren haben stets ihre eigenen Regeln, da spielt es keine Rolle ob es nun dabei um große oder kleine Streifen handelt. Zwar gab es keinen roten Teppich, keine Kleidungsvorschrift und keine Afterparty dafür aber das vorgeschriebene Beiwohnen eines Erwachsenen für die kleinen Besucher. Der Termin für die Premiere war eh an einem Sonntag um 10 Uhr morgens, da wollen die wenigsten einen Aperitif zu sich nehmen sondern schlafen eher den Nachbrand vom Abend zuvor aus.

Mit einer Freundin aus Schulzeiten quälte ich mich früh morgens aus dem bett und fuhr zu besagter Premiere. Zu sagen das Kino sei voll gewesen würde es nicht ganz treffen. Vielmehr war es kurz vorm bersten. Der größte Saal des Kinos (etwas um die 700 Plätze) hatte sich in einen gigantischen Kindergarten verwandelt: Kinder aller Altersklassen rannten durch die Gänge, schrien, nutzten das Areal als eine Art Abenteuerspielplatz, fachsimpelten über die Eigenschaften bestimmter Pokémons, tauschen bzw. bewunderten ihre Schätze untereinander und immer hinten dran die Erziehungsberechtigten die sie begleiten mussten. Das Personal versuchte die Lautstärke durch Aufrufe zu dämmen, ohne Erfolg: Wenn Deutschland im eigenen Land eine WM feiert, ist es da deutlich stiller…

Wir hatten Glück und konnten ganz gute Plätze in der Mitte ergattert. Ich lies meinen Blick über die Ränge schweifen: Vermutlich waren wir die einzigsten „erwachsenen“ Personen in diesem Kinosaal die freiwillig gekommen waren. Der Großteil der restlichen Erwachsen saß genervt in ihren Sitzen und hoffe dass das alles wohl nur ein Albtraum sei der schnell vorbei wäre. Dieser beanspruchte aber noch mindestens 90 Min Film für sich die sich.

Wir hatten das unglaubliche Glück vor zwei absoluten Fachkoriphären sitzen zu dürfen. Den ganzen Film über wurde wir ob wir wollten oder nicht darüber aufgeklärt welches Pokémon wir da sahen, wieviele und welche Entwicklungsstufen es hatte, was es so konnte, gegen welches andere Pokémon es abstank und welches es locker zum Frühstück verspeiste. Höhepunkt war sicherlich das immer darauf folgende Best Of: Eine Ansammlung der besten Kämpfe dieses Pokémons. Soviel habe ich nicht mal zu Schulzeiten lernen müssen und zum Glück genau so schnell wieder vergessen. 😉

Das selbe gilt auch für den Film. Ich kann mich da nicht mehr unbedingt an vieles erinnern: Im Gedächtnis sind mir allerdings die stetigen Tritte in den Rückenlehne geblieben die immer dann kamen wenn ein neues Pokémon mal durch das Bild huscht (und da huschte einiges durchs Bild) und die traurige Szene am Ende des Filmes. Der Held des Filmes stirbt zwischenzeitlich und wird durch das heftige Geflenne der Pokémons wieder lebendig. So etwas weckt wahrlich Tote auf. Die Szene muss auch anderen Pokémon Fans nahe gegangen sein, denn während auf der Leinwand die Pokémons vor sich herschluchzten zerriss folgender Dialog die Dramatik:

Kind1 : Sag mal heulst Du?

Kind2: Iiiiiiiiiiiiiiiiich? Neeeeeee, ganz sicher nicht.

Kind3: Ach! Ihr heult doch beide.

Harte Schale, weicher Kern sage ich da nur. Als der Film zu Ende war gab es neben uns nur noch zwei Kategorien von Besuchern: Die wo die Kinder versuchten ihre Aufsichtspersonen zu wecken und die wo die Aufsichtspersonen die Kinder in Richtung ausganz zerren mussten.

Alles in allem irgendwo bizaar, aber eine Erfahrung wert.

  1. #1 von Tama am 5. Februar 2007 - 16:37

    wie konntest Du Dir das nur antun? ich wär da nie im Leben hingegangen. Wie alt warst Du den da? Schon faszinierend das Du nach so vielen Jahren jetzt darüber schreibst und noch so lebhafte Erinnerungen daran hast. ^^

  2. #2 von der Kaiser am 5. Februar 2007 - 19:56

    Glaub mir, das war ein Erlebnis das man nicht vergessen konnte… ich muss da so um die 20 rum gewesen sein… und letztendlich war es einfach nur lustig. War einfach nur spontan und gut! 🙂

(wird nicht veröffentlicht)