Was uns verbindet


Als sich meine Zehen in den weichen, warmen Sand eingraben, schließe ich unwillkürlich meine Augen. Meine Augen brauchen nicht zu sehen, diese Aufgabe übernehmen meine Ohren, meine Gefühle.
Obwohl die Sonne niederbrennt, sorgt ein kühles Lüftchen für angenehme Temperaturen während das Geschrei der Möwen eine leichte Gänsehaut auf meinen Armen erzeugt. Ich kann die Sonne auf meinem Gesicht spüren, fühlen wie das Gemisch aus Wind und Sonne sich an meinem Körper anschmiegt, hören wie zahlreiche Krönchen aufgesetzt und zugleich wieder abgesetzt werden. Immer anders und doch immer gleich.

„Am Meer!“ flüstert mein Herz voller freudiger Ehrfurcht.
„Ja!“ antworte ich ihm stumm in Gedanken, „am Meer!“

Für eine kleine Weile male ich vor meinem inneren Auge das was ich nicht wirklich sehe aber erlebe: Ich male die Landschaft in der ich mich befinde in meinen Farben, mit meinen Empfindungen, mit meiner Leidenschaft, mit meinem Herzen zusammen. Die Liebe hilft mir beim anrühren der Farben, führt meinen Pinsel über die innere schwarze Leinwand. Und dann öffne ich die Augen und es ist jener Moment den ich tief in mein Gedächtnis brenne, der Moment in dem Meer und der Gedanke an dich zusammentreffen. Spätestens jetzt, wo ich im hier und jetzt an diesem Ort an dich denken muss, weiss ich das Dir ganz genau das gleiche ereilt hat. Einem Radio gleich, empfängst Du mein Signal das ich hier von mir gebe. Am Meer… ich bin am Meer!

Niemand von uns beiden kann die Frage nach dem „Warum ist das so?“ wirklich beantworten. Doch wann immer jemand von uns beiden das Meer in irgendeinem Teil der Welt erreicht hatte, wusste der andere im selben Moment bescheid. Im Augenblick in dem einer von uns dem Meer gegenüber treten, passiert es und der andere, der der gerade an diesem Augenblick teilhaben darf hält inne. Wir spüren dann wie es dem anderen geht, eine direkte Verbindung in die Gefühlswelt des anderen. Nichts bleibt einem dabei verborgen, wir empfinden nicht nur das schöne, sondern auch das hässliche im anderen während sich vor unserem inneren Auge das Bild vom Meer entfaltet. Einen Wimpernschlag lang ist die Sicht des anderen zu sehen, für eben jenen Wimpernschlag sind wir eins.

Wie gesagt, eine Erklärung dafür muss ich schuldig bleiben. Sie wie auch ich haben es versucht, aber keinem von uns ist es gelungen. Also nehmen wir einfach die Dinge so hin wie sie sind. Wir werden auch weiterhin in Kontakt bleiben, auch wenn das nicht unbedingt gewünscht ist von uns beiden. Das „Wir“ fand vor vier Jahren in zwei „Ich“ sein Ende. Die Dinge in neue Perspektiven zu drehen gelang uns nicht, also beschlossen wir mehr aus Zwang als als Willen, den anderen jeweils hinter uns zu lassen. Und trotzdem, es blieb ein kleiner Faden zwischen uns den wir nicht zu trennen vermochten. Vermutlich, wird das auch der Grund dafür sein warum wir immer noch die Handynummer des anderen haben.

Aus meiner Hosentasche krame ich das Handy hervor. Fast wie ein Automat schreibe ich die folgende Nachricht, die sich in all den Jahren nicht wirklich geändert hatte:

„Am Meer!Ich bin am Meer! An Meeeeeeeeeeer!!!“

Es dauert nicht lange, da verkündet mir das Handy deine Antwort:

„Ich weiß! =)“

Ein kleiner Dialog der, obwohl mehrfach über Jahre hinweg geführt, sich stets ganz neu und unverbraucht anfühlt und wie jedes Mal halte ich kurz inne, als gilt es den nächsten Schritt abzuwägen. Dann schreibe ich Dir:

„Du weißt, dass ich Dich noch immer liebe?“

Und Du antwortest:

„Ich weiß!“

Damit verebbt der Dialog wie Sand der unter einer Welle begraben wird. Keine von uns beiden sagt mehr etwas. Wir genießen lediglich das was uns beiden geblieben ist: Die Liebe zum Meer…

  1. #1 von Sabine am 5. Dezember 2009 - 10:42

    Hier regnet’s, es ist windig und es ist kalt! Aber schon bei den ersten Sätzen deines Beitrages überkam mich eine richtig schöne wohlige Wärme!! Danke dir dafür!

(wird nicht veröffentlicht)