about Wurstede…


Mir gegenüber, saß einst der Kollege Wurstede! Auf den ersten Blick machte Wurstede nie einen schlechten Eindruck. Er war etwas jünger als ich, kam stets leger im Anzug gekleidet daher, war nie unfreundlich, nie zornig und verstand es auch sonst Gefühlsregungen effektiv zu unterdrücken. Wurstedes Lieblingsthemen waren Fragebögen und Steuer und er besaß dieses so gern gesehene Talent bei einem Thema einvernehmlich erst für die eine, dann für die andere Seite zu stimmen um am Ende anregte seine Entscheidung nochmals überdenken zu wollen.

Ich genoss förmlich die Zeit mit ihm im Büro. Er saß mir gegenüber, hackte gerne dabei Namen in eine Tabelle und gab sich ganz seiner Arbeit hin. Hätte nicht das stetige Klackern der Tastertur und das gelegentliche Klicken einer Maustaste die Stille zerrissen, so wären wir in einem Meer von Stille wohl geräuschlos ertrunken. Nein, Wurstede war nicht unbedingt das was man gesprächig nennen konnte. Die wenigen Dinge die wir mal dann besprachen waren eher belanglos. Er gab nie viel von sich oder anderen Dingen Preis, ausgenommen halt seine Fragebögen und halt Steuer. Er war verlobt, abonnierte eine Fachzeitschrift zum Steuerrecht und hatte eine kleine Schwäche für lustige Präsentationen die man von Büro zu Büro gelegentlich austauschte.

An einem Montag fragte ich ihn wie sein Wochenende gewesen sei. Gut gab er als Antwort zurück und hackte wieder in seine Tasten. Was er denn gemacht habe das es gut gewesen sei bohrte ich nach. Er sah kurz auf, dreht sich dann mit seinem Bürostuhl in Richtung Fenster und sah durch seine modische Brille hinaus in die Ferne. Vielleicht brauchte er etwas Zeit um aus den Zeichen am Himmel eine Antwort abzulesen, jedenfalls verging etwas Zeit bis er erzählte, er sei mit seiner Verlobten auf einer Studentenparty gewesen. Die wäre aber nicht so gut gewesen, doch ich wüsste ja sicher selbst wie Studentenparties so seien. Damit drehte er sich wieder zu seinem Monitor und bearbeite seinen Fragebogen weiter. Danach habe ich ihn auch nicht mehr wirklich nach seinem Wochenende gefragt.

Noch nie steckte so wenig Leben in einen Anzug.

Doch warum nannte ich ihn eigentlich Wurstede? Steuerpaule, Fragebogenfranz oder Tastentheo wären nach den vorliegenden Informationen sicher treffendere Namen. Er sah auch nicht aus wie ein Ede, vielmehr wie ein Karl oder ein Horst.
Es ergab sich an einem Freitag das ich Wurstede zum ersten mal wie einen Wasserfall reden hörte. Ich hatte gerade einen Beitrag über die Vielfalt zu kaufender Gegenstände im Internet gelesen und warf ungefragt das Statement in die Runde das es fast schon nichts gäbe was man nicht im Internet erwerben könnte. An sich war das nur der gedankenlose Versuch für ein weiteres kurzes Gesprächsgeplänkel doch Wurstede überraschte mich.

Man könne bereits alles im Internet kaufen, begann er aufbrausend. ebay wäre das beste Beispiel dafür! Einst hätte er feststellen müssen, dass man bei ebay sogar Wurst erwerben könne. das müsse man sich vorstellen: Wurst!!!
Diese Eruption, ja eher schon Eskalation von Gefühlen in Kombination mit seinem Inhalt überwältigten mich. es war nicht das es nicht bereits gewusste hatte das es bei ebay auch Wurst zu kaufen gab, als viel mehr die Art und Weise von Wurstede, die mich zu der folgenden Antwort verleitete: „Neeeee? Mach keinen Scheiss!“

Vorlage genug für Wurstede um sich noch mehr nach oben zu schrauben. Es folgte eine halbstündige, umfangreiche Schilderung der Ereignisse die sich einstellten als er herausfand das ebay auch Wurst verschleuderte: Erst war es eine fixe idee, dann nur ein dummer Gedanke und schließlich die Neugier, die ihn die Frage nach den Umfang des Angebotes bei ebay beantworten lies. Er fand heraus das bei ebay Schinken in allen Variationen und Gewichtsklassen erhältlich war, das sich Salami und Fleischwurst dem Anschein nach schon lange einen Platz bei ebay teilten und der Erwerb aus Hotels geklauter Klopapierrollen keine Mysthik aus der Internetwelt ist. So wie die Begriffe fielen, so überprüfte ich diese bei ebay, bestätigte ein jedes mit Spruch wie: „Tatsächlich! Schinken! Unglaublich!“ oder „Neee, echtes Klopapier aus dem Adlon in Berlin! Das ist ja Wahnsinn“

Was immer er suchte, er fand es bei ebay und seine Welt wurde um die Regel erweitert, das alles im Internet zu kaufen sei. Na ja, ganz sicher nicht alles antwortete ich darauf. Er sah mich herausfordernd an und fragte mich was es denn nicht im Internet zu kaufen gäbe? Mett war meine Antwort. Er suchte daraufhin bei ebay, über google und vielleicht auch über amazon: er fand kein Mett zu kaufen! Seine Welt geriet für einen Moment erneut ins Wanken. Es ist nur eine Frage der Zeit stieß er als letztes hervor, dann nahm er wieder seinen Fragebogen und komponierte wieder mit der Tastertur.

Wurstede war geboren!

  1. #1 von mama am 26. Januar 2007 - 11:56

    so macht arbeiten doch echt spaß

(wird nicht veröffentlicht)